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WIE SINNVOLL SIND SUPPLEMENTE IM BODYBUILDING?
07.08.2013Supplemente sind Nahrungsergänzungen und keine Wundermittel, sondern hoch konzentrierte Nährstoffe, die in der natürlichen Nahrung auch vorkommen. Aber die Supplement-Industrie ist ein Milliardengeschäft. Ein Geschäft, das von den Wunschvorstellungen und Träumen unerfahrener Bodybuilder profitiert. Ein großer Teil der Fitness/Bodybuilding-Branche lebt hauptsächlich davon. Die übertriebenen Werbeaussagen in den Fachzeitschriften beeindrucken Bodybuilding-Anfänger. Schließlich möchten sie auch einen großartigen Körper mit Sixpack aufbauen. Aber … „10 Kilo fettfreie Muskelmasse in nur 30 Tagen“ – ist das überhaupt möglich? Solche und ähnliche Anzeigen mit Anpreisungen wie „Natürliche Steroidalternative“ oder „Weltneuheit“ sollten Sie immer hinterfragen. Etliche angeblich natürliche Testosteronbooster, Aromatasehemmer und Myostatinblocker werden sehr intensiv beworben und sind danach sehr schnell wieder vom Markt verschwunden. Produkte, die bei den Verbrauchern Hoffnungen wecken, DAS Wundermittel entdeckt zu haben. Aber es gibt durchaus auch sinnvolle Supplemente im Bodybuilding. Proteine, einzelne Aminosäuren, Fettsäuren, bestimmte Vitamine und Mineralien sowie Peptide wie zum Beispiel Creatin können äußerst hilfreich beim Aufbau eines athletischen Körpers sein; insbesondere während der Wettkampf-Vorbereitung und in der Diätphase. Eine gut ausgewogene Ernährung ist jedoch die beste Basis, während Supplemente optional genommen werden können. Leider ist der überwiegende Teil aller auf dem Markt befindlichen Supplemente im Bodybuilding überflüssig und reine Geldver schwen - dung. Einige dieser Supplemente, die zum Beispiel Prohormone oder ephedrinartige Inhaltsstoffe als Wirksubstanz oder „Verunreinigung“ enthalten, sind sogar gefährlich. Vom Gebrauch ist daher dringend abzuraten. Andere wie zum Beispiel die pflanzlichen Testosteron - booster haben keinen erwiesenen Nutzen und strapazieren nur Ihren Geldbeutel. Aber es gibt durchaus auch Supplemente im Bodybuilding, die einen Nutzen haben. Dieser Nutzen ist nicht nur vom Produkt, sondern auch vom Entwicklungsstand und dem Trainingsziel des Verbrauchers abhängig. Ein Anfänger benötigt keine speziellen Supplemente und kommt bestens mit einem Protein- Kohlenhydrat-Pulver aus, um Muskelmasse aufzubauen. Ich hatte während der ersten zwei Trainingsjahre als Trainingsanfänger sogar überhaupt keine Supplemente genommen und während dieser Zeit am meisten Muskelmasse aufgebaut. Mit 1 kg Magerquark als zusätzliche Proteinquelle und Bananen als Kohlenhydratlieferant habe ich mein Körpergewicht in diesen zwei Jahren um 30 kg erhöhen können. Es war zwar nicht alles pure Muskelmasse, und ich befand mich noch im Wachstum, aber der Körperzustand hatte sich um 100 % verbessert, da ich vorher als 14-Jähriger Untergewicht hatte. Meine Körperkraft hatte sich in der kurzen Zeit mehr als verdoppelt. Mit 17 Jahren hatte ich bereits einen Körper, um den mich auch die älteren Schüler unseres Gymnasiums beneideten. Was ich damit sagen will, ist, dass Sie auch völlig ohne Supplemente einen athletischen Körper aufbauen können, wenn Sie auf Ihre Ernährung achten.
Dennoch können Supplemente als sinnvolle Ergänzung einer gut ausgewogenen Ernährung eine große Hilfe sein und Sie schneller zum Erfolg bringen, wenn Sie höhere Ziele verfolgen.
Ich möchte zum Beispiel nicht mehr auf Whey-Protein verzichten, das ich seit Jahren zeitnah zum Training nehme. Kurz vor und nach dem Training verabreichtes Whey-Protein beschleunigt die Regene - ration und erhöht die Proteinsynthese. Wenn Sie gerade eine Trainingsplateauphase oder viel Stress haben, können Sie Whey- Protein noch zusätzlich mit BCAAs und Glutamin „aufwerten“, und Arginin mit Kohlenhydraten kurz vor dem Training genommen, sorgt für einen guten „Trainingspump“, während Arginin zur Nacht am besten ohne Kohlenhydrate genommen wird, um den Wachstums - hormon freisetzenden Effekt zu nutzen. Supplemente müssen Sie nicht ständig, sondern nur sporadisch je nach Zielsetzung einsetzen. Sie sind als Option zu verstehen. Creatin ist ein gutes Beispiel dafür. Die verzichtbaren Supplemente können Sie ganz streichen, aber auf ein hochwertiges Proteinpulver sollten Sie als ernsthafter Bodybuilder niemals verzichten, es sei denn, Sie vertilgen täglich große Mengen Fleisch oder Magerquark.
Proteinkonzentrate
Neues Muskelgewebe wird aus Protein aufgebaut. Daher ist es sinnvoll, unmittelbar nach dem Training ca. 30 bis 50 g Protein zu konsumieren. Hiermit wird nicht nur der trainingsbedingte Aminosäuren - verlust kompensiert, sondern auch Material für neues Muskelgewebe zur Verfügung gestellt. Die Aminosäuren eines leicht verdaulichen Proteinshakes werden schneller vom Körper aufgenommen als feste Nahrung und belasten nicht den Magen. Unerwünschte Begleitstoffe, die die Resorption behindern könnten, wie zu viel Fett, Cholesterin und Harnstoffderivate, wie sie zum Beispiel im roten Fleisch vorkommen, werden so gemieden. Die verschiedenen Proteinarten der Konzentrate haben alle ihren Nutzen. In einem hochwertigen Konzentrat sind bei den renommierten deutschen Firmen heutzutage auch keine minderwertigen Proteine mehr zu finden. Die wichtigsten Proteinarten sind:
• Lactalbumin (auch Molke oder Whey genannt)
• Casein
• Ei-Protein
• Sojaeiweiß

Empfohlene Eiweißzufuhr für Sportler
Eiweißzufuhr | |
im Breitensport | 1,5 g bis 2,0 g / Kilogramm Körpergewicht pro Tag |
im Ausdauersport | 1,5 g bis 2,5 g / Kilogramm Körpergewicht pro Tag |
als Muskelaufbautraining | 2,0 g bis 3,0 g / Kilogramm Körpergewicht pro Tag |
Training plus Diät | 2,5 g bis 4,0 g / Kilogramm Körpergewicht pro Tag |
(Quelle: Dubbels, W., Die Anti-Aging-Formel, Novagenics Verlag 2010) |
Die Proteinsynthese auf zellulärer Ebene
Unsere Muskelsubstanz unterliegt einem ständigen Abbau, der durch einen entsprechenden Aufbau von neuer Muskelsubstanz ausgeglichen wird. Möchte man an Kraft und Masse zunehmen, muss man dieses Gleichgewicht zugunsten der Muskelsubstanzbildung verschieben und damit eine anabole Stoffwechsellage induzieren (Superkompensation). Hartes Training und eiweißreiche Ernährung greifen in dieses Gleichgewicht einander ergänzend ein. Überschwellige Trainingsreize und ein mehr als ausreichendes Angebot an Aminosäuren steigern die Freisetzung und Produktion anaboler Hormone wie Wachstumshormon, Wachstumsfaktoren und Testosteron.
Die Muskelproteinsynthese wird im Zellkern an der Erbsubstanz der Zelle, der DNS, angeschaltet. Die Zellen erhalten die Befehle für Teilung und Wachstum, indem ein Wachstumsfaktor an der Zelloberfläche andockt. Dadurch wird in der Zelle eine Kaskade von Enzymreaktionen ausgelöst, die sich gegenseitig aktivieren. Schließlich gelangt die Botschaft bis in den Zellkern, wo die Zellteilung ausgelöst wird. Muskelaufbauende Gene werden aktiviert und regen über Signale die Proteinsynthese an. Die Information wird über die mRNA (messenger Ribo Nucleic Acid), also die Boten- Ribonukleinsäure, aus dem Zellkern in das Zellplasma geschleust und dort an die Ribosomen geheftet, die dafür sorgen, dass neue Proteine gebildet werden.
Der Schalter für die Proteinsynthese wird von Wissenschaftlern als eukaryotischer Initiationsfaktor 4E (eIF4E) bezeichnet. Je mehr freies eIF4E in der Zelle vorhanden ist, desto stärker ist der anabole Schub. Ist dieser Schalter aber von einem bindenden Protein, dem sogenannten 4E-BP1, belegt, dann ist er vorübergehend ausgeschaltet. Durch die Komplexbildung wird der Schalter inaktiviert und ähnlich wie ein mit Kaugummi verklebter Lichtschalter ausgeschaltet. Aus Nahrungsproteinen freigesetzte Aminosäuren entfernen das bindende Protein 4E-BP1 vom Schalter eIF4E und setzen die Proteinsynthese in Gang. Je höher die Aminosäuren - konzentration, desto mehr freies eIF4E wird in jeder einzelnen Muskelzelle erzeugt und desto mehr Schalter stehen auf „on“. Bei diesem Vorgang kommt den verzweigtkettigen Aminosäuren, und hier vor allen Dingen dem Leucin, eine besondere Bedeutung zu. Leucin moduliert die Proteinsynthese als Signalprotein, indem es die Synthese anregt und die Proteolyse (Muskelaufspaltung) verhindert. Dieser Effekt wird durch die zusätzliche Gabe von Kohlenhydraten nach dem Training erhöht. Kohlenhydrate setzen Insulin frei. Insulin wiederum reduziert die Muskelaufspaltung und verstärkt damit die Wirkung des Leucins. Ältere Menschen sollten jedoch etwas zurückhaltender mit Kohlenhydraten umgehen, denn sie entwickeln mit zunehmendem Alter typischerweise eine Störung, bei der Kohlenhydrate nicht adäquat verstoffwechselt werden können (Insulinresistenz). Diese Störung bedingt in den meisten Fällen weitere Störungen, die als Metabolisches Syndrom zusammengefasst werden. Diesem Personenkreis empfehle ich, die Kohlenhydrate zu reduzieren und stattdessen verzweigtkettige Aminosäuren zu nehmen (siehe später). Verzweigtkettige Aminosäuren setzen zwar ebenfalls Insulin frei, führen aber nicht zu Insulinspitzen. Die zum Proteinpulver zusätzliche Verabreichung von verzweigtkettigen Aminosäuren hat sich auch für Wettkampf- Bodybuilder, die auf Diät sind, bewährt.
Jetzt wird vielleicht auch verständlich, weshalb es so wichtig ist, zeitnah zum Training möglichst schnell hohe Aminosäurenspiegel zu erzeugen. Hohe Aminosäurenspiegel befreien nicht nur den Initiationsfaktor eIF4E vom Bindungsprotein, sondern auch den insulin– like-growth-factor, das IGF-1, vom Bindungsprotein. Dieser Wachstumsfaktor wird vor allem in der Leber aus Wachstums - hormon gebildet und kann so seine Wirkung voll entfalten. Während des Trainings wird IGF-1 auch lokal im trainierten Muskel freigesetzt und stößt eine Kaskade von Enzymreaktionen an, die weitere gesundheitsfördernde Botenstoffe freisetzt. Um einen ausreichend hohen Wirkstoffspiegel an Aminosäuren zu erzielen, muss das Nahrungsprotein jedoch zunächst einmal resorbiert, also vom Körper aufgenommen werden, und in seine wirksamen Bestandteile, die Aminosäuren und Peptide, zerlegt werden. Je höher die Anflutung von Aminosäuren und Peptiden ist, desto effektiver wird der Initiationsfaktor von seinem Bindungsprotein befreit und desto stärker wird die Proteinsynthese angeregt.
Einteilung der Aminosäuren in essentiell, semiessentiell und nicht essentiell
Essenzielle Aminosäuren | Semiessenzielle Aminosäuren | Nicht-essenzielle Aminosäuren |
Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin,Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin | Arginin, Cystein, Glutamin, Tyrosin, Serin, Taurin und Glycin | Alanin, Asparagin und Asparaginsäure, Glutaminsäure, Ornithin und Prolin |
(Quelle: Karlson P.: Lehrbuch der Biochemie für Mediziner und Naturwissenschaftler.10. Auflage, Georg Thieme Verlag 1977) |
von Wilfried Dubbels
Notiz des Herausgebers: Wilfried Dubbels, Jahrgang 1950, ist seit 39 Jahren mit seiner Frau Marion verheiratet und hat drei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder. Dubbels ist approbierter Apotheker (Gründer der St. Viti Apotheke in Heeslingen) und betreibt seit Jahrzehnten Bodybuilding mit Leidenschaft. Als Buchautor von „Die Anti-Aging-Formel“ und Autor verschiedener Fachartikel, die in wissenschaftlichen Publikationen sowie Kraftsport zeitschriften veröffentlicht wurden, hat sich Dubbels inzwischen einen Namen gemacht. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich Wilfried Dubbels mit leistungssteigernden Substanzen. Insbesondere die Wirkungen von Supplementen, die zur Leistungsopti mierung eine Alternative zu den chemischen Substanzen und den damit verbundenen gesundheitlichen Risiken darstellen, stehen im Mittelpunkt seines Interesses. Webseite: www.alleswasstarkmacht.de